Posted on / by Ulrike Pawel / in VEREINSLEBEN

Wellen- u. Hangflugtreffen: Alte Träume und neue Perspektiven

Das jährliche Treffen der Wellen- und Hangflugpiloten Südwest im Bensheimer Clubheim war wieder eine gelungene Mischung aus faszinierenden Erlebnisberichten, kritischen Austausch und eine reiche Quelle an praktischen Tipps und Informationen.

Alte Träume: Von Welle zu Welle

In den Anfängen der Wellenflugtreffs kam der Gedanke auf, nicht nur wie bisher eine einzelne Welle für stationäre Höhenflüge zu nutzen, sondern Wellensysteme miteinander zu verbinden und so Streckenflüge zu ermöglichen, Wellenflug 2.0 sozusagen.

Ralf Fischer (Offenburg) stellte das „Das Crémant-Dreieck“ vor: In einem Flug sollte es von der Haardt-Welle zur Vogesenwelle und weiter in den Schwarzwald (Murgtal) gehen.

Man müsste nur die dazwischen liegende Gebiete (u.a. Rheintal) durchgleiten, dabei die „interessante“ deutsch-französische Luftraumstruktur korrekt überwinden und schon wäre der Sprung geschafft. Perfekt wäre das Dreieck erst, käme man auch wieder an den Ausgangspunkt zurück: Landau – Colmar – Forbach – Landau. Als Motivation wurde damals eine Kiste Crémant in Aussicht gestellt. „Den angepriesene Preis gab es leider nicht mehr, aber geflogen werden kann immer noch. Linksrum ist übrigens etwas anspruchsvoller, “ verriet Fischer, während er von seinem packenden Dreieck-Wellenflug berichtete.

(v.l.) Referent Ralf Fischer, Organisatoren Andreas Maurer und Peter Franke

Eine weitere faszinierende Variante des „Wellen-Strecken-Fluges“ schilderten Klaus Leitner und Peter Mangold.

In Wellen-Vorhersageprogrammen tauchen neben der „alt bekannten Hauswelle“ (Haardt) immer wieder weitere Wellenstrukturen im Westen auf. Der Plan reifte: Von der Haardt-Welle zur Donnersberg-Welle weiter zur Rheintal-Welle bis hinauf zur Mönchheide-Welle, rein technisch bei passender Wetterlage theoretisch möglich. Aber praktisch heißt das spätestens beim Verlassen des Haardtsektors in ausreichender Höhe für die nächste Welle: „Quer durch Luftraum Charlie“, d.h. quer durch den An- und Abflugsektor Frankfurt, als Segelflugzeug! Werden die Lotsen be- oder entgeistert sein?

Die passende Wetterlage stellte sich am Neujahrstag ein, einem Tag, an dem zumindest am Vormittag mit reduziertem Airlinerverkehr gerechnet werden konnte, eine wichtige Voraussetzung. Der detailliert ausgearbeitete Plan funktionierte, auch dank kooperationsfreudiger Lotsen: „Die Ausblicke, die Fernsicht bei der trockenen Luft bis zum Alpenhauptkamm, einfach unvergesslich. Aber trotz Doppelsitzer und Arbeitsaufteilung war es auch stressig: Ständige Rufbereitschaft bei intensivem Funkverkehr, in Englisch natürlich. Was will der Lotse? Wo ist das Steigen? Wo sollen wir laut Lotse entlangfliegen…? Welche Höhe können/dürfen/müssen wir erreichen? Reicht die Zeit? Toll, aber super anstrengend“, waren sich beide Piloten einig.

Organisator Peter Franke dankt den Referenten Linus Seitz und Karol Müller

Auch die nächsten beiden jungen Piloten Linus Seitz und Karol Müller (Dannstadt) hatten ihr Flugabenteuer „Hangflug an der Haardt“ akribisch vorbereitet.
Wer sich die Haardt anschaut, sieht zwar einen schönen Hang oberhalb der deutschen Weinstraße, aber auch sehr viele Weinberge, die sich teilweise weit hinab in die Ebene ziehen und damit die Landemöglichkeiten in unerreichbare Ferne verschieben. Die Referenten berichteten:„Wir haben viel Zeit in den Suche der raren Außenlandefelder investiert, per Googl und noch wichtiger: live vor Ort.“ Zusätzlich analysierten sie die Topografie genau, um die optimale Hangfluglinie herauszuarbeiten: „ Manchmal trägt die hintere Hanglinie besser, dann gibt es Stellen, die muss man mit ausreichender Reserve durchgleiten. Immer das passende Feld in greifbarer Nähe eröffnete der Flug in ungewohnter Höhe völlig neue Perspektiven auf die Haardt. Hat tierisch Spaß gemacht, empfehlenswert, aber nur mit guter Vorbereitung.“

Erfahrungen

Erfahrungsgemäß haben Segelflieger eine gewisse Scheu bzw. Vorbehalte gegenüber einer Transpondernutzung. Zu Unrecht wie Holger Leicht (Malmsheim) anschaulich in seinem Vortrag: „Transponder – die verkannte Sicherheit erläuterte“.

Zunächst räumte er mit einem Missverständnis auf: „Es gibt keine generelle Ausnahmeregelung für Segelflugzeuge. Die Transponderpflicht (oberhalb 5.000 ft MSL) ist abhängig von der Stromversorgung!“ Die Vorteile brachte er auf den Punkt: „Man wird gesehen: Sowohl von den Fluglotsen als auch von Motorflugzeugen ohne Flarm. Ein echter Sicherheitsgewinn für alle, denn gerade an schönen Flugtagen herrscht viel Verkehr.“ Anschließend erläuterte er technische Details, mögliche Probleme und Lösungen.

Referent Holger Leicht (links) hat gut lachen

Über die bisherigen, überwiegend positiven Erfahrungen mit dem Wellenflugsektor „Haardt“ berichtet Klaus Leitner (Dannstadt).

„Wir werden von der DFS und den Lotsen ernst genommen, genießen mit dem Sektor ein besonderes Privileg und sollten uns entsprechend ebenfalls professionell verhalten.“
Er betonte den wichtigen Unterschied zwischen einem Einflug in den (geöffneten) Wellenflugsektoren „Haardt“ bzw. „Murgtal“:

Haardt: Genehmigung vor Einflug einholen und Freigabe bestätigen: „Erbitte Einflugerlaubnis“…“Bestätige Genehmigung“, Hör-und Rufbereitschaft, Ausflug melden
Murgtal: Anmelden vor Einflug (im Sinne von Information) Hör-und Rufbereitschaft, Ausflug melden.

Darüber hinaus gab es wertvolle Tipps: So sei am sinnvollsten, für die Aktivierung des Sektors am Morgen erst nach 6:00 h (=Schichtwechsel) bei der DFS-Wache anzurufen. Am Abend zuvor könne man keine Freigabe erwarten, wohl aber Hinweise auf geplante militärische Aktivitäten, die die Freigabe mit Sicherheit verhindern könnten. Fluglotsen seien mit den genauen Örtlichkeiten weniger vertraut, aber sehen jeden Flugplatz. Danach solle man seine Standortangaben richten („5 km nördlich Landau…“). Fluglotsen verstünden unter „Destination“ eher einen Landeort, daher sei „Waypoint“ (Überflugpunkt) meist passender.

Über dem Wolkenmeer – mit Föhnlücken für einen gefahrlosen Abstieg

Rückblick

Die beiden Organisatoren Peter Franke und Andreas Maurer blickten zufrieden auf das vergangene Wellenflugjahr zurück. „Der Haardt-Sektor wurde gut genutzt, es gab viele tolle Flüge, der Austausch über die WhatsApp-Gruppe hat sich bewährt. Super!“

Sie mahnten aber gleichzeitig an, immer aufmerksam und achtsam gegenüber den Risiken zu bleiben. Seien es die Wolkenlöcher, die sich (scheinbar) unerwartet plötzlich schnell schließen und einen Notabstieg erfordern. „Bei einem Flug durch die Wolkenschicht verliert man durch die ganzen Turbulenzen innerhalb von Sekunden jegliche Orientierung und damit die Kontrolle über das Flugzeug. Da hilft auch keine Handy-App!“
Oder der starke Wind („Föhnwind“): „100 km/h Rückwind vergrößert die Reichweite einer LS4 in ungeahnte Dimensionen. Umgekehrt kann Gegenwind die Gleitzahl eines DUO DISCUS auf 5 und noch weniger schrumpfen lassen. Daher kann es besser sein, zu einem fremden Platz mit dem Wind zu fliegen, als zu versuchen, gegen den Wind nach Hause zu kommen.“

Fazit

Hang- und Wellenflüge bieten nach wie vor vielfältige Erlebnisse und beschränken sich nicht mehr nur auf stationäre Höhenflüge. Voraussetzung ist jedoch (wie bei jedem Flug) eine gute Vorbereitung und ein gewisser Respekt vor Unwägbarkeiten.

Ein Dank geht an das Organisationsteam: Peter Franke/SFZ Ludwigshafen-Dannstadt, Andreas Maurer/DJK-Landau sowie Gastgeber SFG-Bensheim.

Titelfoto: Auf dem Weg in die Haardt-Welle, Foto: Felix Maier

Funksprüche:

  • „Wellenfliegen an der Haardt sieht einfach aus, ist es aber nicht, auch wenn unsere Berge niedriger sind als in den Alpen.“
  • „Wenn die Dannstädter das erste Steigen haben, dann lohnt es sich auch für uns in Landau aufzubauen.“
  • „Es ist toll, so experimentierfreudige Piloten zu haben…“
  • „Sie wollten es wissen und sind gestartet: Das Steigen war -0,1 m, dann sind sie wieder zurückgeflogen und gelandet. Das ist Motivation!“
  • „Es war nicht viel los, dem Fluglotsen war langweilig, also stellte er viele Fragen, z.B. Warum sinkt das Segelflugzeug nicht, usw. war aber sehr interessiert. Dann kam der Schichtwechsel, dem war auch langweilig und die gleiche Fragerei ging von vorne los. …“
  • „Oberkirch hat eine ganz tolle Außenlandewiese, mit einem Bäcker direkt daneben. Das müsst ihr euch ansehen…“
  • „Ich wusste ja schon, dass ich den Vortrag hier halten soll. Deshalb investierte ich bei diesem Flug im Sinne der Wissenschaft wertvolle Motorlaufzeit. Erkenntnis: Da geht’s nicht rauf und da auch nicht.“
  • „Wenn man hier vom Hang weg in die Ebene fliegen muss, kommt man in Landau Stadt heraus, und so groß ist der Marktplatz nicht, als dass man dort freiwillig landen möchte…“
  • „Landungen zwischen Weinreben – nicht gut, das gibt mehr als ein paar Kratzer. Das Flugzeug sieht danach ziemlich zerrupft aus…“
  • „Ein Airliner funkte verdutzt: ‚Das ist das erste Mal, dass ich einen Segelflieger in Charlie begegne.‘ Wir sahen dann einen dicken Brummer seitlich vorbeizischen. “
  • „Können Sie FL160 halten?“ – „Nö.“ – „ Höhenband FL140-170?“ – „Ja, müsste gehen.“
  • „Die Kursänderung lag außerhalb des richtig guten Steigens, aber Gott sei dank schickte uns der Lotse nicht noch weiter gen Süden in das große Saufen…“
  • „Wir mussten den Motor ziehen, kamen aber fast nicht von der Stelle. Es reichte gerade, um wieder den Einstieg in die Welle zu bekommen. Dann hieß es nur noch abwarten, bis wir ausreichend Höhe für den restlichen Heimweg hatten.“
  • „Unser größter Feind ist die Wolke unter uns!“
  • „Beim Eintauchen in die Wolken, sehr (!) turbulenten Wolken, hast Du keine Zeit, auf Dein Handy zu schauen, geschweige denn eine App zu suchen und zu öffnen. Das fliegt Dir aus der Hand, wenn Du überhaupt so schnell dran kommst….“
  • „Ich hoffe, ich habe Euch genügend Angst beigebracht, damit ihr bei allem Enthusiasmus den Respekt vor der Welle nicht verliert.“
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