Posted on / by Ulrike Pawel / in GESCHICHTE

Wasserkuppenausflug Anfang der 1930er Jahre …

Heute ist die Anreise dank gut ausgebauter Autobahnen kaum der Rede wert. Das war beim 2. Vereinsausflug der Bensheimer zur Wasserkuppe anno 1933 noch ganz anders. Der Schulgleiter SG38 war noch nicht erfunden, dafür kamen Zögling, Hols-der-Teufel, Besenstiel und andere Konstruktionen zum Einsatz. Hier der Originalbericht des Zeitzeugen Anton Schader…

„Ein Jahr später zog die Fliegerortsgruppe wieder zur Kuppe, um sich fliegerisch zu betätigen. Um aber kostbare Zeit nicht ungenutzt verstreichen zu lassen, wurden 2 fertige Flugzeuge der Ortsgruppe mitgenommen.
Es war vorgesehen, 10 Tage auf der Kuppe zu bleiben sich selbst zu verpflegen und im Transportwagen zu schlafen. Einen Tag vor der Abfahrt war die eine in 6 Wochen erbaute Maschine fertig geworden. Eine dritte Maschine der Fliegergruppe, die im Rohbau bereits abgenommen war sollte ihre Fertigprüfung auf der Wasserkuppe machen.

Früh morgens um ½ 4 Uhr fuhr das Auto mit dem vollständig überladenen Transportwagen von Bensheim ab, besetzt mit 9 Mann davon 6 im Auto, 1 auf dem Transportwagen und 2 mit dem Motorrad. Alle anderen Männer waren bereits 2 Tage vorher mit dem Rad aufgebrochen. Schon zwischen Bickenbach und Eberstadt mussten die Kotflügel des Transportwagens abmontiert werden, da durch die Überbelastung dieselben an den Reifen schleiften. In Darmstadt 2 oder 3 mal um die Ludwigssäule herum und dann Kurs auf Offenbach – Hanau! Bis dahin verlief alles programmgemäß.

Trotzdem wurde gehalten, Luft aufgepumpt und im Straßengraben gefrühstückt. Dann weiter bis Gelnhausen! Kaum war dieser Ort passiert, da meldete unser Motorradfahrer, der immer treu hinter dem Schleppzug herfuhr, dass etwas wenig Luft in einem Reifen ist. Also halten und nachsehen! Bis das aber getan war hatten wir schon ganz platte Reifen. Es musste also geflickt werden, 1 Stunde Aufenthalt! Nach kaum 5 Km im schönsten Tempo erst ein Schlag, dann ein poltern! Der Fahrer bremst und im gleichen Augenblick saust ein Reifen an uns vorüber, der sich selbständig gemacht hatte, auf einen im Straßengraben frühstückenden Wanderer zu, der „Reißaus“ nehmen musste. Diesmal war die Sache weit schwieriger, da durch Abspringen des Reifens die Felge beschädigt wurde. Nach 5 ½ Stunden erst konnte die Fahrt weitergehen, nachdem in Hanau ein Rad mit Bereifung besorgt war. 2 Radfahrer , die sich unterwegs mit uns angefreundet hatten, überholten den Transportzug noch verschiedene Male und schließlich nach ½ 9 Uhr landeten wir endlich mit 16 Reifenpannen auf der Wasserkuppe.
So wie die Fahrt, gestaltete sich auch der Aufenthalt und die Schulung. Als man dann nach 10 Tagen wieder nach Hause fuhr, hatte man außer 2 kräftigen Brüchen und schönen Erinnerungen nichts erreicht.“

Foto: Bensheimer Eigenbau, noch vor der Abfahrt