Segelflieger nutzen Sonnenenergie auch am Boden
Seit kurzem schmückt sich eines der ältesten Fahrzeuge der Segelfluggruppe Bensheim mit modernster Technik: Der Mercedes Kleinbus O 319, Baujahr 1962, vereinsintern besser bekannt als „Startwagen“, hat dank Vereinsmitglied Lukas Etz ein Solarmodul bekommen.
Es hat eine Nennleistung von 230 Watt und kann an einem schönen, sonnigen Tag mehr als 1 kWh produzieren. Die Startwagenbatterie wurde bisher nur während der Nacht in der Halle geladen. An langen Flugtagen wurde der Strom schon mal knapp, es kam zu (schädlichen) Tiefentladungen. Nun kann die Batterie auch tagsüber während des Flugbetriebes geladen werden. Probleme aufgrund Strommangel sollten damit der Vergangenheit angehören und die Lebenserwartung der Batterie dadurch deutlich steigen.
Der sonnengelbe Startwagen ist vielen der jüngeren Generation zunächst etwas suspekt: Reinsetzten, Schlüssel umdrehen und – nichts passiert. Denn zunächst muss eine gefühlte Ewigkeit vorgeglüht werden, erst dann startet der Diesel mit lautem Gerappel und einem zarten Rußwölkchen. Servolenkung, Bremskraftverstärker, das sind Fremdworte. Auch das Schalten ist ungewohnt: Ohne Zwischengas wird es schwierig. Hier ist „Fahrsport“ noch wörtlich zu verstehen. Theoretisch könnte der Bus sogar eine Höchstgeschwindigkeit von ca. 90 km/h erreichen. Aber auf seinen heutigen Touren zur Startstelle 32 bzw. 14 zockelt er gemütlich den Schotterweg entlang, denn auf dem Fluggelände sind für Fahrzeuge max. 25 km/h erlaubt.
1955 waren die ersten Modelle hauptsächlich Pritschen- und Kastenwagen, unentbehrlich in Zeiten des Wirtschaftswunders. Der Kleinbus wurde in Mannheim produziert (ab 1962 in Düsseldorf). Für den Einsatz im öffentlichen Nahverkehr war der Bus mit bis zu 18 (!) Sitzplätzen ausgestattet und hatte in der Dieselversion 49 PS. Es gab allerdings auch Luxusausführungen mit Polstersessel, Vorhängen, Dachrandverglasung, Huthaken und vieles mehr. Zum Schluss (1966) hatte die Benziner-Version stolze 80 PS.
Der Bensheimer Oldtimer kam Ende der 60er Jahre durch eine Spende des ortsansässigen Unternehmens Wissner in Vereinsbesitz. Die Segelflieger bauten sich den Bus ihren Bedürfnissen entsprechend um. Seit dieser Zeit verrichtet er mit stoischer Ruhe seinen Dienst als Kommando- und Kommunikationszentrale – jetzt auch mit Sonnenenergie.