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Das Wandern ist des Seglers Lust…

Für Freitag, 13. Juli ist Hammerwetter vorausgesagt und danach zwei, drei Tage Hochdruckwetter. Der Plan in meinem Kopf ist einfach: Freitags wegfliegen, Samstags im fremden Gelände rumgurken und spätestens Montags wieder nach Haue.

Und dann meldet sich auch noch Matthias Arnold am Donnerstag bei mir, weil er für den Hammertag noch keine Schleppgelegenheit hat. Mit großer Freude lade ich ihn ein, um in Bensheim zu starten. Und das macht er dann auch. Schon am Vorabend rüstet er seinen Flieger in Bensheim auf. Und am Freitagmorgen bringt er sogar 100 Liter Wasserballast von zu Hause mit. Er startet schon vor 10 Uhr und ihm gelingt dann der allererste 1000-Kilometer-Flug von Bensheim aus – ohne Motor, ohne Wölbklappen, ohne Rückholung und mit 15 Meter Spannweite – saugeil!

 

Ich habe natürlich keine Chance ihm hinterher zu fliegen. Als sich Matze an seiner ersten Wende (bei Regensburg) meldet, fliege ich von Aalen in Richtung Alpen – und dann wirds spannend für mich! Im Allgäu bin ich arg tief, aber schließlich kreise ich doch über dem ersten richtigen Berg, der „Grünten“ bei Kempten. Leider ist in Tirol heute absolutes Flugverbot wegen einer EU-Konferenz in Innsbruck, sogar Modellfliegen ist verboten! Deshalb bleibe ich im deutschen Luftraum und besuche die Berge am Alpenrand, die ich aus meiner Drachenfliegerzeit kenne: Nebelhorn, Tegelberg, Herzogstand, Brauneck, Wendelstein. Das macht mir riesig Freude – hey, ich bin tatsächlich von zu Hause an die Alpen geflogen!

Der Tag neigt sich langsam zum Ende – als Landeziel steuere ich Königsdorf an. Dort gibt es 6 Vereine und 6 Hangars. Zufällig rolle ich am zweiten Hangar seitlich raus – bei den Münchner Akafliegern. Volltreffer!

Sehr, sehr nette Kontakte, ein Riesentopf Nudeln, Matrazenlager, Frühstück, stressloser Motorsegeler-Schlepp am nächsten Morgen, alles geschmeidig. Nebenbei lerne ich noch den Travelbyglider-Macher (Christoph Klein) kennen, der gerade in 14 Tagen 6000 OLC-km fliegt.
Am Samstag ist der Tiroler Luftraum wieder offen, aber leider spielt das Wetter nicht mehr richtig mit, viele Gipfel hängen in Wolken – das will ich mir dann auch nicht antun.

Also: Ab Richtung Heimat. Schon beim Schloß Neuschwanstein entsteht hinter mir ein erster, kleiner Schauer. Bei Memmingen quetschen mich Schauer und Lufträume ein – ich lande schon gegen 15:00 am nächsten Flugplatz an, der im Xcsoar (Navigationssoftware) grün markiert ist: Thannhausen.

Ein sehr gemütlicher Flugplatz. Nur wenig Flugbetrieb und auf der anderen Straßenseite gibts einen „Wakepark“.
Dort ist aber die Hölle los. Ich staune, wie unterschiedlich die Welten sein können. Wakeboarding erscheint hipp, bunt und wild, sehr kommerziell, aber auch sehr lebendig. Gegenüber am Flugplatz steht ein älteres Schild „zum Biergarten“, aber niemand trinkt Bier.
Der angepeilte Schlepppilot taucht am nächsten Morgen leider nicht auf. Stattdessen wird schnell die Winde aufgebaut und ich bin wieder auf Tour. Mensch – Das ist aber nett von den Thannhäusern!

Ich erreiche die schwäbische Alp von Süden, und die Thermik beginnt überzukochen. Die Wolken werden immer größer, wieder erste Schauer, dann ein Blitz in weiter Ferne. Die  Fluchtversuche aus dem blöden Wetter scheitern. Ich lande in Heubach (am Ostrand des Stuttgarter Luftraums). Im Tower wird mir mitgeteilt, das ein dickes Gewitter im Anmarsch ist, es aber leider keine freien Hangarplätze gibt.

Wenig später liege ich unterm Flügel; es regnet in Strömen. Ich überlege, wie ich die LS4 festhalten könnte, falls es stürmischer wird. Als der Regen noch heftiger wird kommt ein Auto angefahren und ein Mann mit Segelflieger-T-Shirt steigt aus. Er bringt Schleppleine und Kuller mit. Zehn Minuten später sind wir nass bis auf die Knochen, aber mein Flieger ist im Trockenen.
Als wir die Hallentore zu schieben fängt es an zu hageln. Da frage ich mich, ob Wandersegelfliegen wirklich eine gute Idee ist…
Ich gebe das Heimflugprojekt auf und rufe Klaus an. Ein paar Stündchen später sitzen wir zusammen in meinem Auto mit dem Flieger im Hänger, Fahrtrichtung Bensheim. Danke Klaus.

Aber mittlerweile denke ich schon wieder: „Wandersegelfliegen ist doch eine gute Idee.“ Ich habe noch viele Ziele im Kopf und ein Mitflieger hat sich auch schon gemeldet.

Noch einmal ein paar Tage im Segelflieger einfach losdüsen, ohne Turbomotor und ohne Bodenteam – das ist frech, spannend und einfach klasse…

Bericht Lukas Etz