Ferienfliegen: die erste Woche
Startschwierigkeiten: Die erste Trainingswoche begann verhalten: Das Schleppflugzeug wartet sehnsüchtig auf ein wichtiges Elektronikteil. Es kam – leider das falsche.
Die Winde quittierte noch vor dem ersten Start den Dienst: ein gebrochener Hebel. Die Flugschüler nutzen die sinnvoll Zeit, um dem Fuhrpark eine Wäsche angedeihen zu lassen. Anschließend veranstalteten sie einen Ziellandewettbewerb – allerdings nur mit Modellflugzeugen. Dem Spaß tat dies keinen Abbruch.
Dienstag: Los geht’s!
Dank eifriger Schrauber war die Winde wieder einsatzbereit und dank guter Beziehungen zu einer Flugzeugwerft kam auch für die Husky das richtige Bauteil per persönlichen Express. Die Fluglehrer Andreas Boml, Ulrich Götz, Matthias Neubacher und Hans Rau hatten gut zu tun: Nicholas Brase und Oskar Seydell schulten auf die Ka8 um, Felix Letkemann durfte erstmalig einen Einsitzer, die LS4, fliegen.
Daneben wurden Landungen aus ungewohnter Position oder auch Startunterbrechungen geübt. Anspruchsvolle Manöver, welche die Flugschüler zu beherrschen lernen müssen.
Zur Mittagszeit startet der erste Verpflegungstest: Welcher Dönerlieferant hat das knusprigste Brot/den besten Veggidöner/ den größten Fleischdöner…?
Im Laufe der Woche wurde die Testreihe ausgeweitet: Wieviel Flugschüler bekommt man mit einer Portion chinesischer Nudeln satt? Schafft es der Pizzabote, 20 unterschiedliche Pizzen und Salate ohne Fehler abzuliefern? Wenn ja, in welcher Zeit? Ist eine Dose Ravioli schneller zubereitet und gegessen als eine Pizza? Wie bekommt man eine Dose Ravioli ohne handelsüblichen Dosenöffner auf? Wie lange dauert es, bis eine 7 kg schwere Melone aufgegessen ist?
Fragen über Fragen, deren vollständige Beantwortung wahrscheinlich noch bis Ende der nächsten Woche andauern wird…
Mittwoch: Was geht hier ab?
Als am sonnigen Mittwoch Morgen Fluglehrer Neubacher zur verabredeten Briefingzeit (10:00 h) den Platz betrat, traute er seinen Augen nicht: Fünf Segelflugzeuge standen schon am Start, deren Piloten schon ungeduldig mit den Hufen scharten, weitere waren noch mit Vorbereitungen beschäftigt: Streckenflugwetter!
Die frisch gebackene Scheininhaberin Franziska Pawel nutzte die Gelegenheit, um sich mit dem erfahrenen Streckenflugpiloten Ulrich Götz im Doppelsitzer in den „richtigen, großen Streckenflug“ einweisen zu lassen. Nach einer Flugzeit von fast 7 Stunden und einer Strecke von 525 km stiegen die zwei Piloten etwas steif, aber überglücklich aus dem Flugzeug. Uwe Wahlig, morgens noch ungewohnt nervös, strahlte am Abend ebenfalls: „Ich wollte heute eine angemeldete Strecke von mindestens 750 km fliegen, um meinen zweiten Platz in der DMSt-Wertung (Deutsche Meisterschaft im Streckenflug) 15m-Klasse zu verteidigen. Mit 795 km ist es mir gelungen.“ Selbstredend war es auch der längste Bensheimer Flug an diesem Tag.
Motiviert von den „Großen“ wollte auch ein Flugschüler seinen Streckenflug (50 km) absolvieren. Akribisch bereitete er sich mit Unterstützung seines Fluglehrers vor. Aber es war wie verhext: Trotz mehrere Versuche fand er aus der Winde einfach nicht den ersehnten Aufwind, während andere scheinbar problemlos „hängenblieben“. Manchmal kann Segelfliegen auch ganz schön frustrierend sein…
Donnerstag: bei Hitze frieren
Es kehrte wieder Ruhe ins Ausbildungslager ein. Die meisten Streckenflieger blieben fern, die wenigen, die kamen, störten den Schulungsablauf nicht weiter. Daniel Ronizi flog erfolgreich sein Prüfungsprogramm für die B-Prüfung.
Die Temperaturen erreichten am Startplatz zwischenzeitlich locker 38ºC., unter der Plexiglashaube im Segelflugzeug am Start schnell 50-60°C.
Die Husky als Ventilator zu verwenden, hat sich als zu kostspielig erwiesen.
Eine Alternative ist eine Cabriohaube, wie sie das Segelflugzeug Ka8 besitzt. Da sitzt man luftig, lässt sich den Wind um die Nase wehen. Das konnte Jannik Rummel nach seinem ersten Typenflug Ka8 bestätigen. Verweilt man damit jedoch in Höhen von über 2000 m, nur bekleidet mit T-Shirt und kurzer Hose, kann es unangenehm frisch werden. Das Zähneklappern war noch nach der Landung zu hören. Aber die Pilotin strahlte trotzdem: 93 km mit dem Oldtimer, das brachte sie in der vereinsinternen Jugendwertung ein gutes Stück voran.
Und noch einer freute sich: Oskar Seydell schaffte dieses Mal die 50 km problemlos. Damit hat er jetzt alle Voraussetzungen, um die praktische Segelfliegerprüfung zu absolvieren und seine offizielle Fluglizenz zu erwerben.
Freitag: Heiß, heißer
Erbarmungslos brennt die Sonne vom Himmel, dazu ein heißer Wind. Das Gras am Startplatz: braun und ausgedorrt, bei jedem Schritt wirbelt Staub auf, jede Bewegung kraftraubend, Wasser – ein begehrtes Gut. So in etwa muss sich Fliegen in Afrika anfühlen.
Trotzdem ziehen die Flugschüler mit ihren Fluglehrern tapfer zum Startplatz am anderen Ende des Flugplatzes.
In der Schulung macht sich die Hitze bemerkbar: Der Betrieb war zäh, die Schüler oft unkonzentriert. Die Fluglehrer zogen die Konsequenzen und beendeten am frühen Nachmittag den Schulungsbetrieb.
Nur ein Flugschüler, der fühlte sich in über 2000 m scheinbar richtig wohl und wollte gar nicht mehr runterkommen. Aber, da die Vereins-Hauptversammlung anstand, musste er dann doch am frühen Abend landen: nach 5:55 h. Damit hat Daniel Ronizi schon zwei der drei Bedingungen für das Leistungsabzeichen in Silber: 1000 m Startüberhöhung und fünf Stunden Flugzeit. Fehlt nur noch der Streckenflug von 50 km, aber die dürften für den jungen Piloten die kleinere Hürde sein.
Samstag: Streckenflugalarm
Nach einem hitzigen Abend wartete man am Samstag vergeblich auf eine Abkühlung. Die Flugschüler waren sich schnell einig: See statt Segelfliegen. Die Fluglehrer freuten sich: endlich selbst fliegen! Kein ständiges Rauf und Runter, kein Platzrunden schrubben, sondern obenbleiben und Strecke fliegen mit einem wendigen, flotten Einsitzer.
Da durch die warme Luft erst ab Mittag mit den ersten thermischen Aufwinden zu rechnen war, konnten sich die zahlreichen Streckenflugpiloten und -pilotinnen in aller Ruhe vorbereiten: Streckenauswahl, aktuelle Karten, ausreichend Wasser (sowohl in den Flächen für eine bessere Flächenbelastung als auch für den Piloten) gesunder Bordproviant usw.
Die Vorhersage hatte nicht zu viel versprochen: Trotz der hohen Temperaturen eine hohe Wolkenbasis (bis 2600 m), zum Teil sehr gute Steigwerte, aber ein geografisch schmaleres Wetterfenster: Odenwald, Wasserkuppe, für Mutige noch ein Abstecher Richtung Thüringer Wald. In der Rheinebene bildeten sich erst am späten Nachmittag die Aufwindfelder. Nicht immer klappte es mit der geplanten Aufgabe. Trotzdem kamen wieder Strecken von 200-600 km und tolle fliegerische Erlebnisse zustande. Es kommt nicht so häufig von, dass man um 18:30 h startet und dank thermischer Aufwinde so spät noch in Höhen von 2200 m getragen wird.
Ein Pilot hatte ein Erlebnis der besonderen Art: Durch die Hitze versagte der Kleber des Abklebbandes, welches zwecks besserer Aerodynamik über die schmalen Spalte am Flügel-Rumpf-Übergang aufgeklebt wurde. Das Band löste sich während des Fluges und flatterte laut, aber für den Ka8-Piloten nicht sichtbar am hinteren Flügelende. Nach der sofort eingeleiteten Sicherheitslandung war die Erleichterung groß, dass es „nur“ das Band war.
Sonntag: Der frühe Vogel – entgeht der Hitze
Nach dem Erholungstag waren die Flugschüler wieder frischen Mutes und hoch motiviert. Ungewohnt früh startete der erste Schulungsflug um 7:32 h in den „kühlen“ Morgen. Da war es günstig, dass man die Flugzeuge über Nacht ausnahmsweise draußen hat stehen gelassen.
Bis sich der erste Streckenflieger mittags in der Gluthitze an den Start stellte, hatten die Fluglehrer mit ihren Schülern ihr Programm schon fast durch. Und während die einen in einen See abtauchten, um sich abkühlten, suchten die anderen in den Höhen nach kühler Luft: „Ab 2000 m wurde es erträglich, ab 2300m angenehm, unter den Wolken ab 2500 fast ein bisschen frisch.“
Die Wolken waren wieder für eine Überraschung gut: In Mittelhessen gab es schon am Nachmittag Gewitter. Am Abend bildete sich südlich Darmstadt eine Gewitterzelle. Schnell kamen alle Flieger wieder zur Landung, zügig wurde alles eingeräumt. Aber die Gewitterzelle blieb ortsstabil und löste sich dann auf, der ersehnte Regen und die Abkühlung blieb in Bensheim aus.
Zwischen-Bilanz nach der ersten Woche
- 15 Flugschüler, 4 Lehrer, diverse Piloten und Helfer
- 265 Starts
- 240 Stunden Flugzeit
- 1 x 50 km
- 1 x 5-Stundenflug
- 4 x Typenflug
- rund 15.000 km dokumentierte Streckenflugkilometer
Funksprüche
- „Verflixt, ich bin heute sehr spät drann für meinen großen Streckenflug. Ich hätte vielleicht doch nicht so lange das Satellitenbild studieren sollen“
- „Und was hast Du genommen?“ – „Ich bin Vegetarier, deshalb die Nr. 55“- „Komisch, hier steht die 55 mit Huhn und Brokkoli.“ – „Was? Um Gottes Willen. Das geht gar nicht. Ich hasse Brokkoli!“
- „Blöd, dass die mich schon runtergerufen haben!“ – „Schon ist gut, du warst knapp 6 Stunden oben und heute Abend bzw. in 45 min beginnt die Versammlung!“ „Ja aber das ging noch total gut, die Dreiviertelstunde bis zum Beginn hätte ich ja noch locker fliegen können. Soweit ist es vom Flugzeug bis zur Versammlung im Hangar auch nicht….“
- „Es gibt nichts über eine gesunde Ernährung. Das gilt natürlich auch für die Bordverpflegung. Beim letzten Mal ist mir allerdings die Soße etwas daneben gegangen und alles schwamm im Olivenöl bzw. überall war Olivenöl. Aber man lernt ja für die Zukunft…“
- „Du bist ja ganz schön aktiv hier am Boden“ Flugschüler: „Ich bin ungeduldig, wenn es nicht vorangeht. Denn ich will in die Luft und fliegen. Aber das will doch eigentlich jeder hier, oder?“