Fliegerlager: Hangflugerlebnisse und Rückhole-Rallyes (2. Woche)
Das Wetter hielt sich auch in der zweiten Fliegerlager-Woche an die Regel: Regelmäßiger Regen, kräftiger Wind und ganz selten ein paar kurze Auflockerungen. Die Segelflieger nutzen geschickt die Regenpausen zum Fliegen und die Regenphasen für Alternativprogramm wie Schwimmbadbesuch, Technikmuseum oder diverse Gemeinschaftsspiele. „Der Vorteil hier ist, dass man bei passendem Wind immerhin noch am Hangfliegen kann“, sinnierte der Fluglehrer des Gastvereines Aero Club Langenselbold (ACL) Jan Schäfer. Die Betonung liegt auf „passend“.
Hangwind? Thermik?
Bei Wind mit bis zu 50 Km/h aus südwestlichen Richtungen ist der Versatz während eines Thermikkreises mit einer Ka8 schon sehr beachtlich. Dann kann der Rückflug einer eigentlich kurzen Strecke von ca. 2,5 km schon sehr lang werden. Kommt zusätzlich auch noch die Leewirkung eines kleinen Wäldchens mit starkem Fallen dazu, ist eine rechtzeitige, sichere Außenlandung auf dem Acker vor dem Flugplatz die einzig richtige Entscheidung. Die Rückholmannschaft kam mit freudigem „Hallo“ zu Fuß, schnell war der Flieger wieder zum Platz zurückgeschafft und am Abend freuten sich alle über das Freigetränk. Bis dahin waren auch die zwei letzten Piloten wieder zurück: Der eine hatte sein Glück am Hang, der andere in der Thermik gesucht, doch beides endete an diesem Tag auf einem Acker, der eine nördlich, der andere weiter südlich. Aber immerhin erfolgen beide jeweils über 100 Streckenflugkilometern und in allen drei Fällen waren Piloten und Flugzeuge wohl auf. Wohl auf war auch wieder die Doppelseilwinde, nachdem Rainer Wahlig und Team die Seileinzugsvorrichtung des zweiten Seils reparieren konnte. Vielen Dank!
Edler Rollrasen und hinterlistiges Erdbeerfeld
Nach einem Tag Pause im Schwimmbad mussten die Flugschüler dank des Wetters noch bis zum frühen Nachmittag warten, bis endlich der erste Start erfolgte: Doppelsitzer ASK21, ein Schulungsflug, nichts Besonderes.
Keine halbe Stunde später klingelte das Telefon: „Könnt ihr uns abholen?“ „Wir wollten eine Hangflugeinweisung machen“, erzählt der Flugschüler. „Als der Regenschauer kam, war der Hangwind plötzlich weg. Jetzt hieß es auf einem ordentlichen Acker landen. Der Rollrasen war aber auch ganz gut…“ Nach kurzer Fahrt mit dem großen Hänger musste die Rückholmannschaft vor Ort festzustellen, dass sie im Eifer des Gefechts das falsche Zubehör eingepackt hatten. Wie gut, dass der Weg zum Flugplatz nicht weit war…
Endlich zu Hause angekommen, wurde die ASK21 sofort wieder aufgebaut. Man wollte das halbwegs trockene Wetter am Abend noch nutzen und nach diesem „kleinen Zwischenfall“ so lange als möglich weiterschulen. Der letzte Start war schließlich um 21:40 h.
Währenddessen entschieden sich zwei Piloten, mit dem Doppelsitzer G103 ebenfalls noch zu einen abendlichen am Hangflug zu starten. In Heppenheim entflohen sie einem Schauer gen Süden und kamen bis kurz nach Weinheim, als der Wind beschloss, Feierabend zu machen: Endstation Acker. „Die Ackerfurchen in Windrichtung, niedriger Bewuchs, sah alles okay aus. Ich wählte absichtlich die breiteste Furche, um möglichst wenig Schaden an Flugzeug und Bewuchs zu verursachen“, berichtet der Pilot. Der Bewuchs selbst, liebliche Erdbeerpflänzchen, war problemlos. Aber die kaum sichtbaren, ca. 20-30 cm hohen Metallstifte, die zur Verankerung des Foliengewächshauses im Frühjahr dienten, stellten sich als sehr wehrhaft heraus: Nach wenigen Metern und „einem fürchterlich kratzendem Geräusch“ war die Landung beendet. Dem ersten Schock folgte Erleichterung: Die Metallstifte hatten „nur“ den vorderen Rumpfbereich malträtiert, Flügel und Heck waren unbeschädigt.
Die Rückholmannschaft war mäßig begeistert, nun statt leckere Burger frisch vom Grill zu essen nun ausrücken zu müssen. Aber sie dachten an das richtige Zubehör für den großen Hänger (dieser stand, Gott sei Dank ohne ASK21, sozusagen abfahrtbereit auf dem Vorfeld). Nicht zu vergessen: Gummistiefel und Regenjacke!
Gleich am nächsten Morgen standen die betreffenden Piloten vorbildlich in der Werkstatt und nahmen die Reparatur unter der Anleitung des Werkstattleiters in Angriff.
Das Beste zum Schluss
Am letzten Tag zeigte sich das Wetter gnädig: Der Regen hörte auf und der allgegenwärtige Wind schlief endlich ein. Perfekte Voraussetzungen für Flugschülerin Amélie Klemm, um sich erfolgreich freizufliegen. Herzlichen Glückwunsch.
Am Abend feierten die regenfesten Langenselbolder Gäste mit den Bensheimer Segelflieger ein gemeinsames Abschlussfest. „Damit ihr für das nächste Freibierfässchen die richtige Ausrüstung parat habt, haben wir für euch ein spezielles Danke-Schön organisiert.“ Mit diesen Worten überreichte der Langenselbolder Vertreter Jan Schäfer unter großem Applaus eine (gebrauchte) Zapfanlage. „Und falls ihr dann beim Leertrinken Unterstützung braucht, wir kommen gerne wieder.“
Fazit
Obwohl die Wetterbedingungen alles andere als ideal waren, kamen pro Flugtag im Schnitt über 40 Starts zustande, selbst an Tagen, an denen aus technischen Gründen nur ein Windenseil zur Verfügung stand. Insgesamt gab es drei erfolgreiche Alleinflüge, mehrere Umschulungen auf ein neues Segelflugzeugmuster und zwei neue Windenfahrer (Lukas Hafner, Oskar Seydell).
Fluglehrer Günter Habedank resümiert: „Für die Flugschüler war es ein hartes, aber gutes Training, bei diesen herausfordernden Windverhältnissen Start- und Landungen zu üben. Gerne hätten wir auch längere Thermikflüge gemacht, insbesondere um hier vielleicht mal alleine in etwas größere Höhen ohne Luftraumbeschränkungen wie bei uns zu kommen oder richtige Streckenflüge zu absolvieren. Trotz allem, es hat viel Spaß gemacht.“
Der Dank gilt u.a. für die Organisation Kerstin und Ronny Weber, Jugendleiter Jannik Rummel, den Fluglehrern Axel Allgaier, Andreas Boml, Maximilian Deichmann, Hans Rau, Klaus Schaefer und Rainer Wahlig, für die Verpflegung „Bembelwirt“ Berndt Mixich und all den anderen Helfer im Hintergrund, die so ein Fliegerlager erst ermöglichen.
Funksprüche:
- „Gute Nachrichten, der kalte Regen hört auf. Er wird ab heute Mittag wärmer…“
- Essensplanungen: „Ich hätte noch bestimmt 8-10 Packungen Spaghetti und Tomatensauce im Keller vorrätig.“ – „Ha, du hast also die ganzen Nudeln gehamstert. Und auch Toilettenpapier?“ – „Klar!“ Dritter: „Ja aber schmeckt denn dass: Toilettenpapier mit Tomatensauce?“
- „Eigentlich völlig sinnfrei, dass wir hier im Regen zum Flugplatz fahren…“ – „Ach, man gewöhnt sich im Laufe der Zeit daran.“
- „Achtung Staumeldung: Im Bereich des Bergsträßer Hanges kommen ihnen diverse Flugzeuge entgegen….“
- „Das war ein binärer Hangwind. Erst gut und dann war er plötzlich weg.“
- Beim Anblick der Flugaufszeichnung einer Außenlandung nach Hangflug: „Ganz schön langer Queranflug und sehr, sehr kurzes Endteil…“
- Copilot der G103: „Bisher hatte ich immer großes Muffesausen vor der ersten Außenlandung. Jetzt, wo ich weiß, wie sich Außenlanden anfühlt, find‘ ich’s echt deprimierend.“
- Sparsam: „Ich habe alle Knochen, die in dem Topf waren, sorgfältig abgekratzt. Aber mehr als die sechs Portionen wurden es nicht.“ – „Die Knochen waren Abfall. Was ist mit dem zweiten Topf im Kühlschrank, wo das restliche Fleisch von gestern drin war?“ – „Wie zweiter Topf?“
- Nach kräftigem Regenschauer, UL startet: „Was macht der denn jetzt?“ – „Der fliegt zurück nach Langenselbold.“ – „Und, kann er dort landen oder muss er wassern?“
Titelfoto: Hangflug mit Regenbogen ( F. Letkemann)